Die Penalty-Analyse ist ein Analyse Tool der Sensorik-Forschung. Produktentwicklung und Marketing steht oft vor dem Problem, die „Must“-Eigenschaften der Produkte zu identifizieren. Welche Eigenschaften sind zentral für die Akzeptanz bzw. zur Generierung von Kaufinteresse in der Zielgruppe? Welche Produkteigenschaften muss man stärken oder abschwächen um hohes Kaufinteresse für das Produkt zu wecken? Was ist das optimale Niveau der zentralen Produkteigenschaften?
Beispiel Pils-Bier: Wie stark hopfig muss es schmecken? Wie stark malzig? Wie ausgeprägt herb-bitter? Und wie sehr durstlöschend?
Beispiel Fruchtschorle: Wie intensiv muss sie nach der Geschmacksrichtung, z.B. nach Rhabarber schmecken? Wie stark fruchtig, säuerlich, süßlich? Wie entscheidend für das Kaufinteresse ist z.B. eine eher geringe Süße? Wie frisch und durstlöschend muss sie schmecken?
Beispiel Kartoffelchips: Wie intensiv müssen die Kartoffelchips nach der Geschmacksrichtung, z.B. Paprika schmecken? Wie stark salzig? Wie knusprig müssen sie sein?
Zentrale Frage des Sensoriktests ist die Produktakzeptanz sowie die Erhebung eines sensorischen Profils. In der Regel wird nach der Verkostung die Gesamtakzeptanz und das Kaufinteresse erhoben. Dies geschieht i.d.R. anhand der 7stufigen (unipolaren) Skala (7=höchster Wert, 1= niedrigster Wert).
Anschließend wird die Meinung der Testperson zur Intensität bestimmter Produktattribute ermittelt. Dies geschieht anhand der „Just about right scale“. Zum Beispiel wird die Testperson gefragt, ob das Produkt "deutlich zu süß", "etwas zu süß" „genau richtig süß“, "etwas zu wenig süß" oder „deutlich zu wenig süß“ ist. Die Bewertung in den zentralen Produktdimensionen (z.B. Fruchtigkeit, Säuerlichkeit, Konsistenz etc.) wird auf diese Weise erhoben.
Als Faustregel gilt: Wenn 65 % oder mehr der Befragten angeben, dass ein Attribut in der jeweiligen Dimension „genau richtig“ ist, sind wahrscheinlich keine weiteren Maßnahmen erforderlich.
Produkt X zeigt in der Untersuchung einen sub-optimalen Wert im Hinblick auf „genau richtig salzig“ (58%), während die Produkte A-E optimale Werte (71-80%) zeigen.
Um die Penalty-Scores zu berechnen, werden drei Gruppen segregiert: diejenigen, für die das Attribut "zu niedrig“ ausgeprägt ist; diejenigen, für die das Attribut „genau richtig“ ausgeprägt ist und diejenigen, denen das Attribut „zu stark“ ausgeprägt ist.
Für alle drei Gruppen wird der jeweilige Kaufinteresse-Wert für das Produkt ermittelt.
Die Penalty-Analyse wird für jedes Produkt im Test separat durchgeführt. Für jedes Attribut quantifiziert die Analyse die Abnahme des Kaufinteresses, die sich daraus ergibt, dass das Produkt in dieser Dimension nicht optimal „genau richtig“ (mind. 65%) empfunden wird. Die gewichtete Strafe (oder "Netto-Strafe") wird berechnet, indem die Strafe mit dem Anteil der Befragten, die das Attribut "zu niedrig" oder "zu hoch" bewertet haben, multipliziert wird.
Die Ergebnisse werden grafisch als Plot dargestellt. Der Anteil der Befragten mit dieser Meinung wird gegen den mittleren Penalty oder Rückgang abgetragen. Im Plot zeigt die "kritische Ecke" („critical corner“ = rechter oberer Quadrant im Plot) die Attribute, die den größten negativen Einfluss auf die Beliebtheit haben. Normalerweise werden Attribute, die 20-25% oder mehr der Befragten betreffen und einen Rückgang von 1 Punkt auf der 7stufigen Kaufinteresse Skala oder mehr verursachen, in die "kritische Ecke" aufgenommen.
Die Ergebnisse zeigen, dass bei Kartoffelchips-Produkt X Geschmacksintensität, Paprika-Geschmack, Würzigkeit, Salzigkeit, Süße und Nachgeschmack zu stark sind, während Produkt X bzgl. rauchigem Fleischgeschmack als zu schwach erlebt wird. Die Empfehlung für die Produktoptimierung wäre, die Geschmacksintensität bzw. die Intensität des Paprika-Geschmacks, die Salzigkeit und die Süße etwas zu reduzieren und den Fleischgeschmack etwas zu stärken.